Immobilienbewertung in der Praxis
Bewertungsverfahren für Immobilien
- Vergleichswertverfahren: Der Wert wird durch den Vergleich ähnlicher Immobilien (z.B. Lage, Größe, Baujahr) ermittelt. Vor allem für Eigentumswohnungen geeignet.
- Ertragswertverfahren: Der Wert basiert auf den zukünftigen Einnahmen. Ideal für Mietobjekte.
- Sachwertverfahren: Bewertet Immobilien auf Grundlage der Wiederherstellungskosten und wird häufig bei selbstgenutzten Häusern angewandt.
In diesem Artikel werden die drei wichtigsten Verfahren zur Immobilienbewertung erklärt:
Durch die Kombination dieser Methoden kann eine präzisere Immobilienbewertung erreicht werden.
Beim Thema Immobilienbewertung schätzt jeder Mensch den Wert seiner Immobilie unterschiedlich ein. Hierbei spielen z.B. bei der Verkäufer*in häufig Besitzeffekte eine Rolle. Erinnerungen oder schlichtweg Aversion die Immobilie aus der Hand geben zu wollen, können den Preis bzw. subjektiven Wert einer Immobilie beeinflussen.
Bewertungsverfahren sind standardisierte Vorgehen um eben diese subjektiven Einflüsse möglichst zu elimieren. Bewertungsverfahren sind weitestgehend faktenbasiert ausgestaltet, indem sie am Markt beobachtbare Verlgeichspreise in die Bewertung einbeziehen. Je nach Art des Immobilienobjekts liegen aber unterschiedliche Vergleichswerte vor, sodass auch unterschiedliche Bewertungsverfahren sachgerecht erscheinen. Gängige Bewertungsverfahren sind insbesondere:
Damit Bewertungsverfahren objektive Immobilienwerte errechnen, müssen die darin einbezogenen Vergleichswerte für Verkaufspreise und Mieten ebenfalls objektiv abgeleitet werden. Das bedeutet, dass diese Immobilienpreise und Mieten aus tatsächlich am Markt angebotenen Preisen ermittelt werden müssen. Im Einzelnen werden diese auch nicht frei von subjektiven Einflüssen sein. Letztendlich stellen sie aber den Durchschnitt und damit den besten Schätzwert dar um Immobilien zu bewerten.
Die Datenbank stellt hierzu durchschnittliche Vergleichswerte für Verkaufspreise und Mieten von Eigentumswohnungen, Häusern und Grundstücken bereit.
Vergleichswertverfahren
Insbesondere bei Wohnungen bietet sich das Vergleichswertverfahren zur Wertermittlung an. Grundgedanke ist der, dass vergleichbare Objekt denselben Wert haben. Zwei Immobilien haben denselben Immobilienwert, wenn sie hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage, Alter Zustand etc. vergleichbar sind. Bei der Bewertung von Häusern spielt das Vergleichwertverfahren auch eine Rolle. Dennoch bieten Apartments eher die Möglichkeit vergleichbare Objekte zu finden, da Häuser tendenziell individueller ausgestaltet sind.
"Welchen Wert hat ein Vergleichbares Haus?"
In der Praxis ist es häufig schwer an Informationen über vergleichbare Immobilien zu kommen. Wenn vergleichbare Immobilien gefunden sind, stellt sich häufig das Problem der Akualität der Informationen. Kaufpreise, die vor mehreren Jahren gezahlt wurden, haben heute evtl. keine Relevanz mehr, da sich der Markt verändert hat. Von daher wird bei der Wertermittlung in der Praxis in zwei Schritten vorgegangen.
- Schritt: Verwendung aktueller Durschnittswerte
- Schritt: Anpassen der Durchschnittswerte an die individuellen Gegebenheiten
In Schritt 1 werden häufig die Durchschnittswerte einer Postleitzahl, einer Stadt oder eines Stadtteil verwendet. Vergleichswerte können dieser Internetseite entnommen werden. In Schritt 2 werden dann Wertanpassungen hinsichtlich des Alters, Zustands, Lage, Ausstattung etc. vorgenommen. Ein Neubau führt in der Regel zu einem höheren Preis als der durchschnittliche Kaufpreis in der Postleitzahl. Auch in diesem Fall können auf dieser Seite die Verteilungen der Kaufpreise entnommen werden, sodass realistische Preisauf- und -abschläge vorgenommen werden können.
Desto größer die Verfügbarkeit von Daten ist, desto genauer ist die Immobilienbewertung nach dem Vergleichswertverfahren. Bei geringen Anzahlen von Vergleichsobjekten, sollte der Fokus mehr auf Ertragswertverfahren gelegt werden. Dennoch macht die Bewertung über beide Verfahren parallel immer Sinn. Letztendlich sollte das eine Verfahren verwendet werden um die Bewertung nach dem anderen Verfahren zu validieren.
Finde Kaufpreise je Postleitzahlen:
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Köln (50767) |
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73 m² Apartment |
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273.000,00 € |
Beispiel Vergleichswertverfahren
Immobilienbewertung eines 73 m² Apartments in Köln (50767)
Zur Bewertung des Apartments in Köln (50767) wird der durchschnittliche Kaufpreis von Immobilien in vergleichbarer Lage verwendet. Die Idee des Vergleichswertverfahren ist, dass ähnliche Immobilien einen vergleichbaren Wert haben. Der Wert der Immobilie wird dabei an die Größe der Immobilie angepasst. Ausgangspunkt ist also der Kaufpreis je Quadratmeter, der auf die Größe des Apartments - in diesem Fall 73 m² - hochgerechnet wird.
Kaufpreis: 3.743,43 €/m²
Immobilienwert: 273.000,00 €
Der vorläufige Immobilienwert ist ggfs. noch um Besonderheiten hinsichtlich des Alters und der Ausstatung anzupassen. Dennoch gibt der Wert einen sehr guten Anhaltspunkt.
Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren findet oft bei Mietimmobilien wie Mehrfamilienhäusern, Eigentumswohnungen und Gewerbeimmobilien Anwendung. Es wird zukunftsgerichtet bewertet, indem der Wert der Immobilie durch den Wert des zukünftig erwirtschafteten Ertrags (Mietüberschüsse) ermittelt wird. Dabei ist die Trennung des Gebäudes vom Grund und Boden irrelevant. Es geht einzig und allein um den Überschuss der Einnahmen über den Ausgaben.
"Der Wert einer Immobilie entspricht dem heutigen Wert der zukünftigen Einnahmen"
Zur Wertermittlung sind folglich zwei Einflussfaktoren zu schätzen. Der Zahlungsstrom und der Abzinsungsfaktor. Der Zahlungsstrom stellt dabei die Differenz zwischen den Einnahmen und Ausgaben dar – in anderen Worten die Mietüberschüsse. Die Erträge werden häufig über die Erträge vergleichbarer Immobilien geschätzt. Zum Beispiel: Wie hoch sind die Mieterträge umliegender, also in ähnlicher Lage liegender Mietimmobilien? Von diesen Erträgen müssen daraufhin die erwarteten Aufwendungen abgezogen werden. Letztendlich verbleibt ein positiver Mieteinnahmenüberschuss (negative sind natürlich auch möglich). Da die gewöhnliche Nutzungsdauer von Gebäuden endlich ist, muss die vom Baujahr abhängige Restnutzungsdauer in dem Maße in die Werterhebung einfließen, als das die Mietüberschüsse bis zum Ende der geplanten Nutzungsdauer geschätzt werden. Hieraus ergibt sich der Zahlungsstrom.
Die Mietüberschüsse werden daraufhin um einen Faktor, der die fiktiven Zinsanteile darstellt, korrigiert. Sprich die Mietüberschüsse werden diskontiert. Der Diskontierungsfaktor entspricht in der Theorie der Renditeerwartung einer vom Risikoprofil vergleichbaren Alternativanlage. In der Praxis bedeutet das, dass die durchschnittliche Rendite am Aktienmarkt von 5-8% herangezogen wird. Da eine Anlage in Immobilien tendenziell einem geringeren Risiko unterliegt, wird hierauf häufig noch ein Abschlag vorgenommen (je nach Risikoprofil der Immobilie). Aus der Datenbank ergibt sich, dass in den angebotenen Immobilien implizit eine Renditeerwartung bei Häusern von 4,6 % und Apartments von 2,3 % einkalkuliert worden.
Die jährlichen Mietüberschüsse werden daraufhin um den Faktor (1+Renditeerwartung), potenziert um die Anzahl der Jahre zwischen Mietüberschuss und Bewertungsjahr, diskontiert. Es erfolgt also eine Barwertberechnung. Ausgaben oder auch Einnahmen, die in der Vergangenheit liegen, finden keine Berücksichtigung.
Finde Mietpreise je Postleitzahlen:
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Köln (50767) |
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73 m² Apartment |
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435.000,00 € |
Beispiel Ertragswertverfahren
Immobilienbewertung eines 73 m² Apartments in Köln (50767)
Bei der Immobilienbewertung mit dem Ertragswertverfahren können Vergleichsmieten gut am Markt (auf Immobilienportalen) beobachtet werden. Die Durchschnittsmiete muss auf die Größe und das komplette Jahr hochgerechnet werden. In diesem Fall wird ein 73 m² Apartment in Köln (50767) betrachtet.
Monatsmiete: 13,00€/m²
Jahresmiete: 11.388,00 €
Die Nettojahreskaltmiete wird um jährlich anfallende Aufwendungen im Zusammenhang mit der Immobilie korrigiert. Üblicherweise kann mit Betriebskosten in Höhe von 2,17 €/m² und weiteren Rücklagen für die Instandhaltung in Höhe von 1,67 €/m² gerechnet werden. Außerdem wird eine Renditeerwartung von ca. 3,0 % und einer Inflation von 2,0 % unterstellt. Unter Berücksichtigung einer Nutzungsdauer von 80 Jahren und wachsenden Annuität ergibt sich folgender Wert der Immobilie.
Immobilienwert: 435.000,00 €
Der Immobilienwert stellt den finalen Immobilienwert dar und ist nicht um das Alter und die Ausstattung der Immobilie zu anzupassen. Die Anpassung ist nicht erforderlich, da Alter, Ausstattung, Lage etc. bereits implizit in der Miete enthalten ist.
Sachwertverfahren
Das Sachwertverfahren wird bei eigengenutzten Wohnimmobilien, d.h. Ein- und Zweifamilienhäuser, angewendet. Ziel des Verfahrens ist, die Kosten der Herstellung bzw. Wiederbeschaffung der Immobilie unter Berücksichtigung von Lage, Baukosten und Abnutzung sowie Wert des Grundstückes zu bemessen.
Die Sachwertermittlung basiert auf dem Sachwert des Gebäudes und dem Grundstückswert: letzterer lässt sich besonders exakt feststellen, wenn ein geeigneter Bodenrichtwert angegeben wird. Bodenrichtwerte sind durchschnittliche Lagewerte, die von den kommunalen Gutachterausschüssen aus den Kaufpreisen von Grundstücken unter Berücksichtigung ihres Entwicklungszustandes ermittelt werden.
"Wie viel kostet es das Haus in dem Zustand erneut zu bauen?"
Zum Grundstückswert wird der Gebäudesachwert der Immobilie hinzugerechnet. Er beziffert die Neubau- bzw. Wiederherstellungskosten der Immobilie samt Baunebenkosten und abnutzungsbedingter Abschläge. Die Ermittlung der Neubaukosten erfolgt dabei auf Basis der im Bewertungsformular getätigten Angaben zu Objektausstattung und -bauweise. Als Basis für die Kostenermittlung wird die Baukostentabelle NHK2010 (Normalherstellungskosten) herangezogen. Diese enthält für die verschiedenen Ausstattungen und Bauweisen die durchschnittlichen Kosten, die für einen Neubau der zu bewertenden Immobilie anfallen würden.
Da eine Immobilie durch Altersabschreibungen, Abnutzung, Baumängel, etc. über die Zeit an Wert verliert, wird der ermittelte Neubauwert um Abschläge sowie ggf. lagebedingte Zuschläge korrigiert. Der daraus resultierende Grundstückswert ergänzt um den Gebäudesachwert und eine angemessene Anpassung an die Marktlage ergeben den Marktwert der Immobilie.
Zussamenfassung der drei Bewertungsverfahren
Die Bewertung von Immobilien ist ein Prozess, der verschiedene Verfahren nutzt, um den Wert einer Immobilie, sei es ein Haus oder eine Wohnung, präzise zu berechnen. Dazu gehören das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren. Jedes dieser Verfahren greift auf unterschiedliche Ansätze zurück, um den Marktwert einer Immobilie zu ermitteln.
Vergleichswertverfahren:
Das Vergleichswertverfahren ist ein gängiges Instrument, um den Wert einer Immobilie zu bestimmen, insbesondere bei Wohnungen. Es beruht auf der Annahme, dass vergleichbare Immobilien ähnliche Werte aufweisen. Dieses Verfahren wird auch auf Häuser angewandt, wobei Wohnungen aufgrund ihrer ähnlicheren Merkmale oft bessere Vergleichsmöglichkeiten bieten. Hierbei werden Immobilien anhand von Parametern wie Ausstattung, Lage, Zustand und Alter miteinander verglichen. Eine Herausforderung dabei ist die Beschaffung zuverlässiger und aktueller Daten über vergleichbare Immobilien. Aus diesem Grund wird die Anwendung des Vergleichswertverfahrens in zwei Schritte unterteilt: Zuerst werden Durchschnittswerte einer spezifischen Region verwendet, um dann diese Werte an die individuellen Merkmale der Immobilie anzupassen. Die Präzision der Bewertung hängt entscheidend von der Verfügbarkeit und Qualität der Daten ab. Bei begrenzter Anzahl an Vergleichsobjekten kann das Ertragswertverfahren als zusätzliches Werkzeug dienen, um die Genauigkeit der Wertermittlung zu erhöhen.
Ertragswertverfahren:
Das Ertragswertverfahren wird vor allem für Mietimmobilien wie Mehrfamilienhäuser und Gewerbeobjekte verwendet. Hierbei liegt der Fokus auf dem zukünftigen Wert einer Immobilie. Der Wert wird anhand der erwarteten Mietüberschüsse berechnet. Zwei Schlüsselelemente prägen diesen Ansatz: Der Zahlungsstrom, der die Differenz zwischen Mieteinnahmen und Ausgaben widerspiegelt, sowie der Abzinsungsfaktor, der die Renditeerwartung berücksichtigt. Dieses Verfahren erlaubt eine prognostizierende Wertermittlung und berücksichtigt keine vergangenen Ereignisse. Die Diskontierung zukünftiger Einnahmen reflektiert den Zeitwert des Geldes und unterstützt die Berechnung des heutigen Werts zukünftiger Erträge. Die Renditeerwartung wird oft anhand von vergleichbaren Alternativanlagen wie dem Aktienmarkt bestimmt, wobei eine Anpassung je nach Risikoprofil der Immobilie erfolgt.
Sachwertverfahren:
Das Sachwertverfahren findet vor allem bei selbstgenutzten Wohnimmobilien wie Ein- und Zweifamilienhäusern Anwendung. Es ermöglicht die Berechnung des Werts einer Immobilie auf Grundlage der Kosten für Herstellung oder Wiederbeschaffung des Gebäudes sowie des Werts des dazugehörigen Grundstücks. Hierbei spielt der Grundstückswert eine zentrale Rolle, der oft mithilfe von Bodenrichtwerten ermittelt wird. Diese Werte repräsentieren durchschnittliche Lagewerte und werden von kommunalen Gutachterausschüssen ermittelt. Der Gebäudesachwert setzt sich aus den Kosten für den Neubau oder die Wiederherstellung des Gebäudes zusammen und berücksichtigt Baukosten und Abnutzung. Dieses Verfahren legt besonderen Fokus auf den physischen Wert der Immobilie, unabhängig von Mieteinnahmen. Es bezieht die Kosten ein, die anfallen würden, um die Immobilie in ihrem aktuellen Zustand neu zu errichten.
Die Auswahl des am besten geeigneten Verfahrens hängt von der Art der Immobilie sowie der Verfügbarkeit und Qualität der relevanten Daten ab. Oft empfiehlt es sich, mehrere Verfahren gleichzeitig anzuwenden, um eine umfassende und genaue Wertermittlung zu gewährleisten. Während jedes der Verfahren seine eigenen Vor- und Nachteile aufweist, eint sie die gemeinsame Absicht, einen realistischen Marktwert für Immobilien zu berechnen und somit eine solide Grundlage für Kauf, Verkauf oder Investitionen zu schaffen. Dieses Verständnis der verschiedenen Bewertungsmethoden ermöglicht es Marktteilnehmern, fundierte Entscheidungen in Bezug auf Immobilien zu treffen.